Symphony X

SYMPHONY X - »Underworld«



Ob es das geniale Songwriting und die Umsetzung von Michael Romeo, der seine Ideen in den vier Jahren seit dem letzten Kracher-Album der Band, »Iconoclast«, ausbrütete, der Erfahrungsreichtum von Russell Allen, den er während einer Konzertreise mit TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA erlangte, der heldenhafte Kampf um die Gesundheit des Drummers Jason Rullo, der 2013 von einem Herzfehler heimgesucht wurde, oder einfach der Reifeprozess des eingeschworenen Line-ups ist, welches im Grunde über 20 Jahre unverändert blieb: Welche Faktoren auch immer daran beteiligt sind - SYMPHONY X haben mit ihrem neunten Album, welches auf den Namen »Underworld« hört, ein gewisses Reife-Level erreicht.

Nachdem man die härtesten Jahre durchlebt hatte, beschränkte sich das Quintett freiwillig auf das Spielen intellektueller und technisch anspruchsvoller Musik für die fordernden Fans - wurde dann jedoch klanglich wieder heftiger, was sich besonders an der Fokussierung auf die einzelnen Songs bemerkbar machte - SYMPHONY X triumphierten zu Zeiten, in der die Aufmerksamkeitsspannen immer geringer werden, mit ihrer Erschaffung eines panoramaartigen Gesamtwerk-Erlebnisses.

„Das neue Werk beschäftigt sich mit dem Song an sich“, beginnt Saitenhexer Michael Romeo, Chef-Songwriter der Band und Besitzer Besitzer von The Dungeon, dem legendären Studio, in dem das Album geschaffen und das mit der neuesten benötigten Technik ausgestattet wurde, um die symphonischen und orchestralen Feinheiten, für welche die Band berühmt ist, souverän zu meistern. „Jedes Detail wurde ganz im Sinne des Songs eingebunden, sodass das Album von Song zu Song fließt und ein komplettes Hörerlebnis bietet. Jeder Titel kommt auf den Punkt und ist fein abgestimmt; wir haben besonderen Wert auf die Hooks, Gesänge und Riffs gelegt, um so die Aufmerksamkeit und die Energie die ganze Platte über aufrechtzuerhalten. Es kann also vom Beginn bis zum Ende durchgehört werden. Ihr wisst, die Leute aus der Branche sprachen davon, dass man nie wieder etwas wie »Sgt. Pepper’s« oder »Dark Side Of The Moon« hören und solche magischen Momente erfahren würde… Ich wollte das Ansehen des Albums verteidigen und »Underworld« würdig genug werden lassen, um es an einem Stück durchzuhören. Das ist genau das, was ich an »Moving Pictures« liebe - tolle, individuelle Songs, aber trotzdem ein Erlebnis-Album. Ich möchte nicht klingen, wie ich es predige, aber das war ein Punkt, den ich in die Tat umsetzen wollte. Es ging um den Fluss der gesamten Scheibe. Sie erhöht hier eben mal die Geschwindigkeit und fällt dann dort wieder ab. Zusammen ergibt das alles einen Sinn, es funktioniert und alles wird zu einem Ganzen. Und das bin ich, mein Freund. Ich höre Alben immer noch am Stück.“

Es war das Ergebnis einer durchdachten Strategie, durch die man zur einladenden Berg-und-Talfahrt auf »Underworld« gelangte. Erst wurde versucht, ein Konzept durchzusetzen, ging dann allerdings wieder einen Schritt zurück und begab sich auf die Suche nach herausfordernden, eigenständigen Nummern, die sich ihr eigenes Ökosystem erschaffen, aber trotzdem Synergie besitzen, sodass die Summe dieser größer ist als die der hymnischen Anteile.

„Bei »Underworld« handelt es sich nicht wirklich um ein Konzept-Album“, bestätigt Michael. „Aber es zieht sich, wie auch auf den letzten Platten, ein Thema hindurch, welches jedoch keine Geschichte erzählt. Wir versuchen, etwas zu finden, um in eine Thematik hineinzukommen und das Blut in Wallung geraten zu lassen. Das Ziel war, etwas dunkel Angehauchtes mit emotionalem Inhalt zu finden. Also durchstöberte ich Dante und 'Orpheus in der Unterwelt', in dem er zu Hades oder in die Hölle geht, um das Mädchen zu retten. Das Thema ist also, dass man für etwas oder jemanden , der einem wichtig ist, in die Hölle und wieder zurückgeht. So konnten wir eine höllische Symbolik einfließen lassen und der Platte gleichzeitig eine emotionale Breitseite verpassen, bei der du dich um jemanden sorgst, für den du alles durchmachen würdest, und dabei trotzdem versuchts, das Richtige zu tun. Das bildet jedoch eine Gliederung, keine erzählende Geschichte. Wir hatten ein Konzept und gingen zu unseren Wurzeln zurück, machten die Platte aber gleichzeitig persönlicher und weniger prahlerisch. Wir fanden einige Rahmenbedingungen, in denen wir arbeiten konnten. Dort konnten das Musikalische und das Inhaltliche nicht über Bord gehen!”

Bezüglich spezifischer Songs der Platte, liegen die benannten Schwerpunkte bei 'Nevermore' und 'Without You'; jeder gibt der Gesamtheit des Albums aus einer anderen Sichtweise Maß und Farbe.

Der Schwerpunkt, über den Michael spricht, wird mit 'Nevermore' unmissverständlich klar. Russells Gesang ist nach einem kurzen, nicht abwegigen Thrash-Intro sofort präsent, ehe sich der Himmel für einen Refrain voller Schönheit öffnet, in dem er auf einer Melodie gleitet, die sich auf ein leidenschaftliches Riff voller belehrter Magie von Michael stützt. 

„Hohe Geschwindigkeit, eine gute Hook, gutes Spiel überall“, schmunzelt Michael. „Dieser Song wurde als Einführung in das Album gestaltet. Der erste Track einer jeden Platte sollte die Grundstimmung des Gesamtwerks widerspiegeln. Und 'Nevermore' besitzt die nötigen Riffs, die Hookline, den Refrain sowie einige wahnwitzige Solos.“ 

'Without You' ist einerseits eine durchdringende Ballade, aber eine, die voller rockiger Parts und himmlischer Arrangements steckt; Licht gegen Schatten, in die Höhe schnellende Harmonien, Wucht, Kraft und zu guter Letzt progressive Zeichen der Zeit. „Dieser Track ist ein bisschen heiterer, mit einem großen Refrain und einem überwältigenden Feeling. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn als Ballade bezeichnen würde, aber diese Nummer ist etwas ruhiger, lebt nicht so sehr von einem Riff, sondern eher von der akustischen und elektrischen Interaktion. Diese beiden Songs sind die perfekte Wahl für Singles, wenn man so will, denn sie repräsentieren alles, was die Platte ausmacht: Sie ist hart, aber gleichzeitig gibt es ansteigende Melodie-Parts, wie z.B. in 'Swansong' mit dem Klavier. Das ist ein Beispiel dafür, wie die Keyboards die Melodieführung übernehmen - Pinnella brachte die meisten davon ein. Aber diese beiden sprechen beide Seiten des Albums an.“

„Und Russell ist einfach ein Naturtalent“, merkt Romeo an. „Als er die Songs das erste Mal hörte, erwähnte er, dass er eigentlich mehr singen wollte, obwohl das Material hart war. Folglich legten wir großen Wert auf sein Können und hoben den Gesang in den Refrains stark hervor. Das fühlte sich eben richtig an. Er wusste ebenfalls, dass das der richtige Schritt war, was auch jeder in der Band tat, sobald er die Demos gehört hatte.“ 

Ein weiteres Highlight bildet das erfrischende und belebende 'Underworld', wie Michael sagt: „Im zweiten Song mussten wir immer noch recht hart klingen. Und der Text erzählt erneut keine Geschichte, aber bindet sich auf eine gewisse Art an das umfassende Thema und haftet am Gefüge, von dem alles handelt. Jeder Song wurde speziell für den Ablauf derart platziert. Mit dem zweiten Track wollten wir etwas außergewöhnlich Hartes schaffen.“ 

„Es ist schwierig, sich nicht an den alten SCORPIONS zu orientieren“, lacht Michael auf die Frage nach 'Charon', der Komposition des Albums, die am meisten nach dem Mittleren Osten klingt. „Wir wussten, dass wir einen Song haben wollten, der in diese Tonalitäten vordringt. Er ist erneut anders als die anderen, aber er klingt nicht unpassend. Ein weiterer meiner Favoriten ist das melodische 'Hell And Back', das einen kleinen Querverweis zu Material, das Jahre zurück liegt, darstellt; der Track ist progressiv, während viele verschiedene Dinge im Arrangement vor sich gehen. Wir hatten keinen 20-minütigen Song, also schien es bei neun Minuten so, dass wir einen Track mit einer gewissen Länge brauchten, der hier abgeht, dort abfällt, hier wieder ein bisschen härter ist - das ist dieser Song. Und dann geht es zu unserer allumfassenden Sicht der Platte zurück, bei der 'In My Darkest Hour' das Thema in Kombination mit einem wirklich coolen Riff und einem soliden Refrain auf einen einhämmert, jedoch mit einer Wendung zum Arrangement, bei dem der Bass für die Strophe übernimmt, aufwartet.“

„Es gibt noch etwas anderes Raffiniertes, das ich dir verraten könnte“, bietet Michael etwas verschwörerisch an. „Als die ganze Geschichte mit Dante zustande kam und wir Recherchearbeit betrieben und uns mit 'Inferno' beschäftigten, sah man die Zahl 3 die ganze Zeit auftauchen. Ich vermute, dass er die Strophen als Dreier-Bündel schrieb und es 33 Gesänge in jedem Teil gibt - und es existiert das Spielen auf 3, 9, 33. Folglich ließen wir solche Dinge einfließen und man würde es vermutlich nicht glauben bis man es nachgeschaut hat. Der erste Song, 'Nevermore', ist beispielsweise dreisilbig und die Melodie ist ein Dreisatz. Er beinhaltet drei Querverweise zu drei unserer alten Songs vom dritten Album. Solche Details sind überall versteckt. Derartige Songs übersteigen die Zahl derer, die geblieben sind, wie sie waren. Aber manchmal taucht ein triolisches oder sextolisches Riff auf oder es befindet sich ein Vielfaches von drei Worten im Refrain. Es gibt hier und da beabsichtigte Elemente. Du musst Spaß haben, Junge, und genießen, was du tust - mach es auch für dich selbst interessant.“ 

Für »Underworld«s Artwork arbeiteten SYMPHONY X wieder mit ihrem altbewährten Zeichner Warren Flanagan zusammen, der auf ähnliche Art und Weise in die von “geheimem Wissen” geprägte Kerbe abzielte, die die Band in das Werk eingebaut hat.

„Warren arbeitete - ähnlich wie bei der ersten Platte - mit den Masken“, erklärt Romeo. „Aber als ich mit ihm über Dante und die Unterwelt sprach, recherchierte er selbst und gestaltete für jeden der neun Kreise der Hölle ein kleines Symbol. Es beinhaltet also diese kleinen, geometrischen Zeichen, die eine Bedeutung haben. Das ist eben das, was er macht. Er arbeitet sich hinein und findet gewisse Dinge, die vielleicht keiner außer uns zu deuten weiß, aber dennoch eine Bedeutung besitzen.“ 

Alles stellt zusätzliches intellektuelles und konzeptuelles Mahlgut dar, worüber sich der urteilsfähige Musik-Fan den Kopf zerbrechen kann. Aber schließlich, um es noch einmal zu betonen, war es das Ziel der Band, welches sie erfolgreich gemeistert haben, ein Album zu kreieren, bei dem die Stärke der Songs oberste Priorität besitzt. In Anbetracht dessen haben SYMPHONY X mit »Underworld« die Grenze, die dem Progressive Metal häufig gesetzt ist, überschritten. Diese gekonnt gebauten Kompositionen überschreiten den Punkt, an dem jeder Bewunderer von geschicktem Songwriting in Rage versetzt wird.

„Absolut“, blickt Michael abschließend zurück. „Wir machen Platten nicht nur für Musiker oder sehr tiefgründige Prog Metal-Fans. Ich denke, wenn du anfängst, möchtest du deine Fähigkeiten zeigen und bestätigen, was du machst. Aber während die Zeit vergeht, stellt sich besonders bei uns die Frage: 'Um was geht es in dem Song?' 'Was ist die richtige Sache für den Song?' Es ist also angenehmer für alle und man muss nicht unbedingt Musiker sein, um das zu verstehen. Und das ist der Punkt, an dem wir nun angelangt sind. Wir versuchen, gute Tracks zu erschaffen, haben aber trotzdem noch Spaß am Spielen - natürlich, es bereitet immer Freude, innovative Elemente einfließen zu lassen. Aber ja, bei »Underworld« geht es definitiv um das Gesamtwerk. Und das ist das, womit wir uns jetzt beschäftigen und was wir an der Band lieben. Klar, es gibt weiterhin viele Teile, viel von dem, wofür SYMPHONY X bekannt ist, aber es existiert so viel mehr, um das man sich jetzt Sorgen machen kann.“


Line up:

Michael Romeo I Gitarre
Russell Allen I Gesang

Michael Pinnella I Keyboards

Jason Rullo I Schlagzeug

Michael Lepond I Bass

 

Symphony X online:

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